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Mutter Naturs Weisheiten Nr2
Ranger Blog über den Naturpark
Jedes Monat bekommt ihr von unseren Rangern etwas Wissenswertes zu Mutter Natur präsentiert
Wie riechen Terpene? Oder: Auf den Spuren der Pechgewinnung
Was gibt es Schöneres, als nach einem fordernden Arbeitstag oder einer Arbeitswoche einen entspannenden Spaziergang in unseren Wäldern zu unternehmen? Nach wenigen Minuten spüre ich schon, wie sich in mir eine innere Ruhe ausbreitet und meine Gedanken klarer werden. Meine Atmung wird tief und ruhig, es breitet sich in mir ein Gefühl der Glückseligkeit aus. Verantwortlich hierfür ist nicht nur die Bewegung an der frischen Luft, sondern auch die positive Wirkung der in der Waldluft enthaltenen Terpene. Hierbei handelt es sich um ätherische Botenstoffe, die von den Bäumen ausgesendet werden. Es gibt mehrere Tausend Stoffe, die zu der Gruppe der Terpene gehören. Ein sehr bekannter Duftstoff der Terpene ist Limonen, das nicht nur in der Schale der Zitrone vorkommt, sondern auch im Pech (Harz) der bei uns zahlreich vorkommenden Schwarzföhre (= Schwarzkiefer), botanisch Pinus nigra. Die Schwarzföhre war bis in die 1970er Jahre ein bedeutender Baum für die Pechgewinnung. Und die Spuren dieses alten Handwerks, der Pecherei, sind während des Waldspaziergangs im Naturpark Sierningtal – Flatzer Wand noch deutlich zu sehen.
Als Hobby-Pecher bearbeite ich heute keine 2.500 bis 3.500 Bäume, wie einst die Vollerwerbspecher zur Hochblüte der Pecherei in der Zwischen- und Nachkriegszeit. Dennoch bin ich schon mit Anbruch der Morgendämmerung von April bis Oktober auf dem Weg zu meinen Bäumen, um sie je nach Witterung wöchentlich anzuhobeln. Beim Anhobeln wird ein ca. 1,5 cm breiter Streifen der Rinde bis aufs Holz entfernt, dabei werden Harzkanäle geöffnet und der Pechfluss beginnt. Das so gewonnene Pech wird in Pechhäferln aus Glas oder Ton aufgefangen. Früher, bevor Billigimport und Produkte aus Erdöl ihren Siegeszug antraten, wurde das Rohpech mit Hilfe der Destillation in Terpentin (= der flüchtige Teil) und Kolophonium (= der feste Bestandteil) getrennt. Terpentin und Kolophonium wurden sehr vielseitig genutzt, etwa für die Papier-, Seifen- oder Lackherstellung sowie als Schmiermittel.
In der Volksmedizin findet das Pech seit jeher mit seiner antiseptischen und entzündungshemmenden Wirkung Verwendung. Denken Sie nur an den altbewährten Pechbalsam, der lediglich aus drei Zutaten besteht – Fett, Harz und Bienenwachs – und der sich als Allheilmittel einst in jedem Haushalt befand.
Peter Plochberger - Naturpark Ranger Sierningtal - Flatzer Wand
Pecher & Sensenlehrer